WITH LOVE, Januar/Februar-Reviews


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ANCHORS X UP
S/t MCD
Let It Ride Records/Not Just Words Records


Old School Labels schießen wie Pilze aus dem Boden und ANCHORS X UP könnten in Zukunft vielleicht die Lücke schließen, die DEAD STOP hinterlassen haben, schließlich spielen sie grandiosen Old School Hardcore mit einer gehörigen Brise BLACK FLAG-Aggression. Was wünscht man sich mehr? Die MCD umfasst die raren Demos der Band und ist mit 8 Songs sicherlich eine lohnende Angelegenheit. Das die Spielzeit mit etwas über 16 Minuten eine durchschnittliche Songdauer von zwei Minuten ergibt, sollte keinen abschrecken, denn was ANCHORS X UP in diesen 120 Sekunden umsetzen, sorgt für offene Münder und rotierende Arme. Vor allem "Break The Ice" und "Man Overboard" zeigen, wie man unpathetischen Straight Edge Hardcore ohne Platitüden schreibt. Die Singleversion ist über Not Just Words Records erhältlich. Old School Puristen werden ANCHORS X UP lieben. Kann ich mir als ehemals langjähriger Edger aber auch ohne Probleme anhören, weil die Wiener auf die oft vorherrschende "Holier Than Thou"-Attitüde verzichten. (16:32) (7,5) Thomas Eberhardt

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ANOTHER KIND OF DEATH
Sleepless Every Night CD
Underhill Records


Die Split mit MOKSHA, MOHO und ADRIFT durften ANOTHER KIND OF DEATH unlängst eröffnen und das nicht ohne Grund, gehört die Band doch zur Speerspitze der spanischen Hardcore-Bewegung. Das zweite Album des Fünfers erscheint nun beim Qualitätsgaranten Underhill, nachdem er Vorgänger "No Signal" noch auf einem australischen Label veröffentlicht wurde. AKOD legen sich diesmal jedenfalls wieder richtig ins Zeug und eifern EIGHTEEN VISIONS und ZAO in deren besten Zeiten nach. Heiseres Gekeife, brachiale Riffs, gegenläufige Rhythmen und ein absurdes Tempo bilden das Fundament der Songs, aber die Spanier wären nur eine Band unter vielen, wenn sie dieser Basis nicht disharmonische Akkorde, Stoner-Riffs und eine äußerst verspielte Leadgitarre beifügen würden. Insgesamt steht die Combo in der Tradition von CONVERGE, BOTCH und anderen Noise- bzw. Mathcore-Größen und spielt sich virtuos durch ihre zehn knackigen Songs. Die bombastische Produktion, das Mastering von Alan Douches und ein fantastisches Layout machen "Sleepless Every Night" zu einem Ausnahmealbum im positiven Sinne. Alle Achtung, da werden die Kollegen auf Ferret und Trustkill ja beinahe neidisch. (27:58) (8) Thomas Eberhardt

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BACKFIRE
In Harms Way CD
Gsr


Wenn ich ehrlich bin, sind BACKIFIRE aus Maastricht eine von denen Bands, die bisher komplett an mir vorübergezogen sind. Das mag daran liegen, dass BACKFIRE 1994 einen Vertrag mit Lost And Found unterschrieben haben und ich nie Gefallen an dem Label aus der Wedemark fand. Später gab es auch Probleme zwischen den Vertragspartnern und als BACKFIRE dann zum längst nicht mehr existenten Century Media-Sublabel Kingfisher wechselten, beschäftigen mich eher TURMOIL und MERAUDER, als die anderen Releases des Labels. BACKFIRE waren in diesem Zeitraum mit WARZONE, COMMIN` CORRECT und 25 TA LIFE auf Tour und alles schien in bester Ordnung zu sein. Am 20 März 1999 nimmt sich Drummer Richard das Leben und macht Dinge wie Musik und touren für BACKFIRE erstmal sekundär. Nach einigem Zögern macht man aber dann doch mit einem neuen Drummer weiter, legt die Band aber nach dem 2003er Album "Change The Game" schliesslich auf Eis. Fünf Jahre später liegt nun ein neues Album von BACKFIRE auf meinem Tisch und ich muss sagen, dass ich tief beeindruckt bin von der Durchschlagskraft, Power und Spielfreude, die BACKFIRE an den Tag legen. Ohne Frage Pflichtprogramm für Fans von AGNOSTIC FRONT, MADBALL, WARZONE, SICK OF IT ALL und anderer New York Hardcore-Combos. Qualtativ steht man diesen Gruppen in nichts nach, aber inhaltlich sind BACKFIRE keine Engelchen, wie der Song "Hey Joe" zeigt. Das Quintett schildert den Ablauf seiner Liveshows und scheut sich nicht davor zuzugeben, dass man sich gerne mal einen hinter die Binde kippt, die Backline vergisst, oder die Guestlist komplett streichen lässt. Musikalsich ist " In Harms Way" aber eine grandiose Vorstellung und wird der Band sicherlich Gelegenheit bieten an vergangene Liveexzesse anzuschließen. (32:24) (7,5) Thomas Eberhardt

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BAMBIX
Bleeding In A Box CD
Go-Kart Records


Rund drei Jahre war es still um das niederländische Trio und wo andere jedes Jahr ein Album veröffentlichen, lassen BAMBIX sich nicht hetzen. Recht so, denn "Bleeding In A Box" gibt ihnen recht, auch wenn der Opener "Under The Moon" mich nicht so wirklich überzeugen will. Na ja, zumindest nicht in der Rolle als Auftakt, denn mit "Bottle" folgt ein Song, der ungefähr funfmal so gut ist. Manche Entscheidungen werde ich wohl nie nachvollziehen können, aber BAMBIX wollten sich anscheinend langsam steigern und der dritte Song "Mount Neverrest" schafft es dann auch den Weg, den der zeite Track einschlägt fortzusetzen. Das Tempo ist enorm und die Riffs klingen als ob IGNITE und NOFX sich nachdem Gig zum Jammen getroffen hätten. Das Trio aus Nijmegen setzt sich vor allem durch den charismatischen Gesang von Sängerin Willa Von Houdt von anderen Melodik-Punk-Gruppen ab. Auf dem aktuellen Longplayer wagt man zudem einige Experimente, die man sich früher vielleicht nicht unbedingt getraut hätte. "Leave Luke Be" ist ein ziemlich schräger Song, der von recht gruseligen Backup-Vocals untermalt wird und beinhahe als MANOWAR meets MISFITS durchgehen könnte. Grösstenteils setzt man aber auf uptempo Punkrock, der durch den femininen Gesang eine besondere Note bekommt. Stilistisch sind derart viele Umbrüche zu verzeichnen, dass "Bleeding In A Box" auch auf lange Sicht interessant bleibt. Klar, die schnellen Stücke sind mitreissend, aber eben auch meist schnell vergessen, daher war es sicherlich schlau einige gesetztere Nummern unterzustreuen. Die positive Grundstimmung ist unüberhörbar, selbst wenn das Cover anderes suggieriert und BAMBIX werden sich mit dem neuen Album im Juni eine Woche mit den MISFITS auf Tour begeben. Hätte gar nicht gedacht, dass BAMBIX noch solche Hits wie "Tyra Banks" in der Warteschleife haben und empfehle allen Fans von NOFX, PARASITES und ALL sich mal die Langgrille der Niederländer anzuhören. Sehr überzeugende Vorstellung, auch wenn ich mir ohne Probleme ein gesamtes highspeed-Album hätte anhören können, aber es muss ja für jeden was dabei sein und BAMBIX ist das diesmal offensichtlich gelungen. (37:16) (7) Thomas Eberhardt

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FLOWERS FOR WHORES
Equlibrium CD
Damage Done Records


Nicht ganz ohne Skepsis habe ich mich dieser Veröffentlichung gewidmet, was wohl hauptsächlich am geschmacklosen Namen dieser tschechischen Band liegt. Jungens, die Uhren der Emanzipation ticken hier etwas anders, solche Namen sind einfach nur Zeichen eines ziemlich beschränkten Horizonts. Musikalisch erinnern mich FFH dank der melodischen Leadgitarren an SAVING THROW und SHAI HULUD. Die verspielten Tonfolgen bereichern die bedacht zyklischen und stumpfen Riffs der Rhythmusgitarre um etliche Facetten, ohne ihren Druck zu reduzieren. Den Vocals gönnt man vereinzelt etwas Hall und in diesen Momenten meint man beinahe Dwid von INTEGRITY am Mikro zu hören. Die Tschechen nehmen auch gerne mal das Tempo raus und lassen so den Bass zur Geltung kommen, was natürlich eine sträflichst vernachlässigte Tugend darstellt und sicherlich zum Gelingen eines guten Albums beiträgt. Die Erfahrung haben die Musiker übrigens bei KEVORKIAN und ABHORRENCE sammeln können, man weiß also was man tut. Auch FFH haben eine ganz dezente Stoner-Note, da die Gitarristen Pavel und Miroslav gerne mal die Saiten ziehen. Im Zentrum steht aber waschechter Hardcore, der zwar noch etwas besser produziert sein könnte und bisweilen den Anschein erweckt, als ob man klangliche Defizite einfach durch die Verstärkung eines Instruments kaschieren wollte, aber man könnte auch anbringen, dass gerade diese Kanten die sechs Songs authentisch machen. Ein guter Auftakt, der zwar leicht zur Übersteuerung tendiert, aber sicherlich mehr Vorzüge als Gründe zur Kritik bietet. Nennt euch doch NO FLOWERS FOR THE DEAD?! (20:55) (6,5) Thomas Eberhardt

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KENZARI'S MIDDLE KATA/NIHILISTS
Finis CD
Millipede


Die Aufschrift auf dem Albumcover deutet schon an, dass es sich diesmal um eine Split mit NIHILISTS aus Berlin handelt. KENZARI'S MIDDLE KATA aus Aschau vertreten dabei die Dischord-Schiene und konnten sich in den letzten zwei, drei Jahren ihrer Existenz durchaus einen Namen machen. Ihr opulenter Indierock, der nicht selten an ...AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD erinnert, überzeugt durch die gesunde Balance zwischen Verspieltheit, verträumten Passagen, leicht kautzigen Vocals und man möchte eine solche Band nur ungern missen. Das Vermächtnis von KENZARI'S MIDDLE KATA umfasst bisher die MCD "When Error Is The Idea", ihr 2006 erschienenes Album "Black Box Consciousness und nun schließlich "Finis". Zehn Tracks, die zeigen in welcher Perfektion man Postcore zelebrieren kann. Die NIHILISTS aus Berlin/Braunschweig gehen etwas brachialer zu Werke, sind aber ebenfalls eine komplexe und kopflastige Band, die sich ziemlich gut mit KENZARI'S MIDDLE KATA ergänzt. Die Süddeutschen geben fünf Songs zum Besten, NIHILISTS deren vier. Das Album erscheint als Digipack und wer schnell ist, kann sich das auf 222 Stück limitierte durchsichtige Vinyl sichern. (37:12) (8) Thomas Eberhardt

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KOMMUNE 54
Wer Schön Ist Sieht Besser Aus CD
Finest Noise/Radar


Funk im Stile der RED HOT CHILI PEPPERS mit deutschen Texten ist eine ziemlich ungewöhnliche Sache, die manchem sicherlich einen gehörigen Schrecken einjagen wird. Mir persönlich fehlt schlichtweg der Zugang zur Musik der vier Ingolstädter, aber alle die "Lauschgift" von den FANTAS im Regal stehen haben und die RHCP immer noch nicht penetrant finden, können hier sicherlich bedenkenlos zugreifen. Handwerklich gut gemacht, gut aufgenommen, aber eine absolute Geschmacksfrage.(21:26) Thomas Eberhardt

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LAST ONE DYING
Anthems Of The Lost CD
Diy


LAST ONE DYING starten mit dem Intro - schlicht als Keyboard/Piano- Song gehalten - recht viel versprechend. "Anthems Of The Lost", Song 2, macht dann anfangs auch richtig Spaß, jedoch nur bis irgendwann der KILLSWITCH ENGAGE-Gesang einsetzt. So ähnlich gestalten sich auf die restlichen 3 Songs der 5 Song CD. Leider gehen LAST ONE DYING jetzt allerdings auch die eigenen Ideen aus. Ganz abgesehen vom sehr nervigen Gesang, klingt der Rest wie wild zusammengeklaut bei eben oben genannten KSE oder auch AS I LAY DYING. Einziger Lichtblick dann doch der letzte Song "Choke It Down" , der zwar auch geklaut jedoch überaus ohrentauglicher klingt. Dieser wird dann auch wieder durch ein wunderschönes Piano- Outro abgeschlossen. Vielleicht haben sie ja durch die kürzliche Tour mit CALLEJON und WAR FROM A HARLOTS MOUTH musikalisch etwas dazugelernt. (16:37) (4) Karsten Ostmann

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LEECHEE
Stay Away From All The Lonely CD
Finest Noise Releases/Radar


Was einst als Soloprojekt von Piotr Ziental begann, gipfelt nun in versiertem Noiserock mit hypnotischen Vocals und wurde von Guido Lucas in den blubox Studios aufgenommen. Die inzwischen zur Band angewachsene Mannschaft kombiniert Theatralik mit zyklischem MUSE-Riffing, schlägt aber stark depressive Töne an, die aber stets durch brachiale Gitarrenarbeit ausbalanciert werden. Irgendwie weckt "Stay Away From The Lonely..." auch Erinnerungen an PLEASURE FOREVER, denn LEECHEE erzählen eher komplexe Geschichten, als dass sie nur Songs schreiben. Sänger Piotrs charakteristische Stimme lässt zudem Assoziationen mit BOTANICA oder TOM WAITS zu, denn LEECHEE sind ein Gesamtkunstwerk und jeder, der sich eine progressive Noiserock-Gruppe ohne Tunnelblick wünscht, muss LEECHEE gehört haben. Eine absolut fantastische Band! (37:12) (7) Thomas Eberhardt

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MAKE IT COUNT
Leeway CD
Gsr


Mit MAKE IT COUNT zaubert Gsr eine weitere europäische Band aus dem Hut, die amerikanischen Combos durchaus das Wasser reichen kann, ohne einen Mangel an Eigenständigkeit zu besitzen. Die fünf Berliner sind seit 2005 als Band aktiv und bewegen sich im Dunstkreis der NY-Hardcore-Bewegung. Der New School Hardcore der Neuziger hat aber auch seine Spuren in Sound der Hauptstadtrocker hinterlassen. Die Pegel stehen in jedem Song auf Anschlag und man verplempert keine Minute mit Mätzchen, sondern pendelt stets zwischen brutalen Riffs und spannungsaufbauenden Passagen. Das Riffing in "One Step Ahead" erinnert frappierend an STRIFE und während der Bass metallisch vor sich hinscheppert, werden dem Song noch zusätzliche Vocals im Stile von Roger Miret verpasst. Stimmlich setzt man aber primär auf Reibeisen mit Crew-Shouts im Hintergrund. Einziger Kritikpunkt meinerseits wäre die Aussteuerung der Aufnahme. Vieles klingt unnatürlich hochgepowert und in Summe wirkt es etwas gewollt, wenn jedes Instrument bis Ultimo verstärkt wird. Etwas weniger Druck hinter der Produktion hätte das Album authentischer gemacht. Lobenswert ist die betont antifaschistische Ausrichtung von MAKE IT COUNT. Gerade in Zeiten totaler Verblödung muss der Rechten kontra geboten werden. (25:02) (6,5) Thomas Eberhardt

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PALMER
This One Goes To Eleven CD
Czar Of Crickets


PALMER aus der schönen Schweiz veröffentlichen über das relativ junge Label Czar Of Crickets und erinnern den Hörer doch deutlich an Corebreaker Bands, was gar nicht so verwunderlich ist, da der Gründer von Czar Of Crickets (und Mitglied bei ZATOKREV) ebenfalls mit seiner Band bei diesem englischen Label beheimatet war. PALMER stammen aus der Langenthaler Gegend und sind seit über acht Jahren aktiv, was man ihren reifen Tracks auch anhört. Ihren Stil könnte man aus eine Mixtur aus Metal/Sludge und Mathcore bezeichnen. Die neun Lieder sind episch in ihren Dimensionen und komplex in ihrer Struktur, was eine Konntextuierung mit MASTODON sinnvoll macht. Der Auftakt von "Bitter Sweet Revenge" erinnert an BOTCH und da man auf gesamter Länge dieses Tracks auch disharmonische Chords, waghalsige Tempowechsel und sprunghafte Jazzvariationen verarbeitet, darf man wohl behaupten, dass PALMER bessere Ideen haben, als der Rest der Mathcore-Szene. Bedenkt man, dass die Schweizer bisher lediglich ein Demo mit vier Songs aufgenommen haben und jetzt ein derart reifes Album vorlegen, muss man den Hut vor diesem Quartett ziehen. Die Band ist ausserhalb der Schweiz noch auf Labelsuche, wenn also jemand noch eine tolle Combo für sein Label sucht, dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um sich PALMER zu sichern und diejenigen, die Musik lieber hören als veröffentlichen, werden PALMER bestimmt auch zu schätzen wissen. (42:55) (8) Thomas Eberhardt

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PENCILCASE
Swingcore CD
Modern Noise/Cargo


PENCILCASE aus Aachen haben mittlerweile auch schon ein paar Jährchen auf dem Buckel und halb Europa bereist. 2004 wurden Teile des Rockpalast-Auftritts im Wdr ausgestrahlt und somit hat die Band enge Genregrenzen bereits hinter sich gelassen. Andererseits hat man mit Modern Noise ein glaubwürdiges Label hinter sich und könnte mit "Swingcore" sowohl Szenemitglieder als auch neue Fans überzeugen. Überrascht hat mich "Swingcore" allemal, denn die elf Songs decken ein unheimlich breites Spektrum an Einflüssen ab. Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass "Swingcore" zu den Alben gehört, die nicht auf den schnellen Effekt ausgelegt sind, sondern sich langfristig im Gedächtnis festsetzen. Nach mehreren Durchgängen funktionieren die Tracks einwandfrei und man kann auch keinen einzigen Aussetzer feststellen. Die Texte von PENCILCASE sind meist gesellschaftskritisch und man wechselt auch gerne die Perspektive, so wirft man in "Wild and Wise" viele persönliche Fragen auf, ohne dass dem Hörer Antworten aufgedrängt werden. Allgemein sind die Thematiken etwas reifer und durchdachter als bei jüngeren Gruppen. Stilistisch gibt es bei PENCILCASE viel zu entdecken und wer gerne UNWRITTEN LAW hört und auch mal Emocore auflegt, darf hier bedenkenlos zugreifen. (37:28) (7) Thomas Eberhardt

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RED BUTTON
Immortal MCD
Sonic Sound/Radar


Die vierköpfige Band aus dem Raum Regensburg fällt bereits durch den Gesang positiv auf, denn Sängerin Jule überzeugt auf ganzer Linie und lässt schnell an die Holländer BAMBIX oder die sich inzwischen in Altersteilzeit befindlichen NO DOUBT denken. Die Vocals stehen im Zentrum der EP, werden aber von Punkriffs unterstützt und dadurch entsteht ein schöner Genre-Mix. In einigen Passagen kontert sogar der Bass und teilt sich das Spotlight mit der Frontfrau. Die fünf Tracks bleiben meist unter drei Minuten und so kommt es zu keinerlei Abnutzungserscheinungen. In "Keep On Runnig" werden akustische Töne angeschlagen, aber RED BUTTON kontrastieren diese recht schnell mit Powerchords und vermeiden so die Kitschfalle. Ob das Debüt RED BUTTON unsterblich machen wird, weiß ich jetzt beim besten Willen nicht, aber wenn die Instrumentalsektion noch etwas breiter klingen würde, was bei einer einzigen Gitarre gar nicht so einfach ist, wäre das sicherlich ein Fortschritt, aber man kann auch so sehr zufrieden mit den ersten Aufnahmen sein. (42:04) (6,5) Thomas Eberhardt

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RESEDA
The Piano Session MCD
Comet Records/Radar


Unerwartete Wohlklänge schmeicheln sich an mein Ohr, denn RESEDA aus Schweden spielen melancholischen Rock, den man beinahe folkig nennen könnte. Das Piano gibt, wie schon im Titel angedeutet, den Ton auf den vier Songs an und obwohl das Quintett die personalen Möglichkeiten zur Opulenz hätte, agiert man eher verhalten und reduziert. Die Slide-Gitarre in "Consider Me A Friend" sorgt für Lagerfeuerromantik, aber RESEDA fühlen sich auch stark der Melancholie verpflichtet. Drei Songs, wie sie nicht besser für einen grauen Januarnachmittag geeignet sein könnten und trotz ihrer Traurigkeit nicht auf's Gemüt schlagen, sondern immer etwas euphorisches haben und einen Hauch von positiver Aufbruchsstimmung verbreiten. Eigentlich verwunderlich, dass dies das erste Lebenszeichen von RESEDA innerhalb ihrer zehnjährigen Bandgeschichte außerhalb Schwedens ist. Eine Offenbarung für Fans von SNOW PATROL, MINERAL oder SUNNY DAY REAL ESTATE. (15:58) (7) Thomas Eberhardt

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SKULLBOOGEY
Dead $ Sold CD
Finest Noise Releases/Cargo


Das letzte Album von ARTIMUS PYLEDRIVER mit seinen Southern Rock-Hauptelementen war durchaus solide, aber wenn man sich das zweite Lebenszeichen dieser vier Hessen anhört, dann muss man sich doch wundern, wie sie es schaffen selbst amerikanische Genregrößen derart blass aussehen zu lassen. Klar, SKULLBOOGEY lieben temporeiche Songs und dieses Credo funktioniert eben auch bei Stoner Rock. Im Titeltrack "Dead $ Sold" konzentriert sich Stefan Wendling auf eine Gesangslinie mit Pop-Appeal und eifert damit den QUEENS Of THE STONEAGE nach, ohne sich den Vorwurf des Plagiats anhören zu müssen, denn der folgende Song "Another Fool" beginnt akustisch und kann wohl eher im Kontext Johnny Cash verortet werden. Dieser Abwechslungsreichtum macht "Dead $ Sold" zu einem fesselnden Album, welches Freunde von MONSTER MAGNET, PANTERA und skandinavischem Rock gleichermaßen ansprechen dürfte. (40:52) (7) Thomas Eberhardt

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SNØRD
Zähltage CD
Kidnap Music/Cargo


Deutschsprachiger Punkrock erlebt eine Renaissance und SNØRD gehören zu denjenigen Bands, die auf Uptempo und Textverständnis statt auf den grossen Knall setzen. Das rückt sie in die Nähe von MUFF POTTER, da sie ebenfalls auf Uptempo und Textverständnis setzen. Die Texte der Hannoveraner sind intelligent, "ohne Mittel- & Zeigefinger" und obwohl der Vierer in den Lyrics sehr selbstkritisch textet, klingt "Zähltage" doch euphorisch, mitreissend und kann selbst noch nach zig mal hören mit prägnanten Passagen überraschen. Positiv wirkt auch die bodenständige, unverkopfte Art der Band, denn in einer Gesellschaft, in der jeder mit seinem Nischenwissen hausieren geht, ist diese schlichte Art doch sehr erfrischend. Die Band nimmt kein Blatt vor den Mund und rechnet subtil mit Routine, Schlechtwetterfront und deutscher Miesepetrigkeit ab, ohne dass man alles schlechtmachen würde. Es werden Perspektiven aufgezeigt, Ziele angeboten und die Probleme werden mit einem Augenzwinkern beschrieben. Grosses Kompliment an Texter Bastian, ehrlicher und selbstloser kann man, glaube ich, seine Texte nicht gestalten. Die zwölf Lieder erscheinen als ansehnliches Digipack und ich kann jedem nur raten mal etwas zu risieren und sich "Zähltage" zuzulegen, denn so ein gutes Album habe ich seit der ersten ESCAPADO/ der letzten MUFF POTTER nicht mehr gehört. Ein weiterer Volltreffer auf Kidnap Music nach dem grandiosen "Nach der Kippe Pogo"-Album von ANTITAINMENT. (31:01) (7,5) Thomas Eberhardt

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THOUGHTS PAINT THE SKY
Schlicht & ergreifend CD
New Times Records


Screamo mit deutschen Texten ist nichts alltägliches, aber mittlerweile gibt es auch schon ein paar Gruppen, die dieser Kombination frönen. THOUGHTS PAINT THE SKY heben sich von Bands wie MATULA, LT. MOSH und ANTITAINMENT aber dadurch ab, dass sie starke Akzente über die Akustikgittare setzten. Für ein Trio klingt "Schlicht & ergreifend" sehr opulent, der Bass ist immer präsent und auch die Akustikgitarren verfehlen nie ihre Wirkung, sondern geben den Songs einen emotionalen Charakter, auch wenn der Gesang meist eher bösartig und hasserfüllt ist. Ein ziemlicher Stilbruch, der aber eigentlich ganz gut funktioniert, wie man an Liedern wie "Haarspalterei" hören kann. Wenn ihr euch also ein Projekt von DASHBOARD CONFESSIONAL mit dem Sänger von ZAO vorstellen könnt, dann trifft das die Sache ziemlich genau. Das Layout ist grundsolide, und auch die Aufnahmequalität des Albums lässt keine Wünsche mehr offen. Mir gefallen besonders die Passagen in denen das Schlagzeug den Rhythmus angibt und die Gitarren sich auf's Melodische konzentrieren. Hektische Umbrüche dienen zur Abwechslung und zur Auflockerung und es gibt auch den ein oder anderen Song in englischer Sprache. Doch, die Band hat sich hörbar entwickelt und auch wenn man noch etwas mehr nach einer Einheit klingen könnte, was bei lediglich drei Instrumenten und komplexen Songs natürlich nicht das einfaschste Unterfangen ist, so hat der aktuelle Longplayer doch deutliche Stärken und ist allen hiermit warm ans Herz gelegt. (34:56) (6,5) Thomas Eberhardt

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TENDER SOUVENIRS
Scars And Souvenirs CD
Airwaves


Schwedische Gruppen tendieren ja meist zu den Extremen, entweder sie wollen die Coolness neu erfinden, oder sie setzten ganz auf stark atmosphärische Musik, die sich langsam entwickelt und beinahe hypnotisch ist. Dazwischen scheint es nicht viele Stühle zu geben. TENDER VISIONS aus Stockholm machen es sich auf letzterem bequem und platzieren sich damit in der Nachbarschaft von GODSPEED, YOU BLACK EMPEROR!, respektive MOGWAI und SIGOR ROS, scheuen weder Trompete noch zarten Singsang und haben sich ganz den Wohlklängen verschrieben. Der wärmende Klangteppich ist äusserst dicht geknüpft und wenn im zweiten Songs namens "Roit League" dem ganzen auch noch triumphierend eine verzertte Gitarre aufgesetzt wird, dann dürfte selbst der letzte Zweifler überzeugt sein. Die sieben Songs im äussert ansehnlichen Digipack müssten jeden Hörer fesseln, selbst Fans von SNOW PATROL oder COLDPLAY. Eine schöne Veröffentlichung, die hoffentlich nicht nur in Skandinavien und Grossbritannien zur Kenntnis genommen werden wird. Zeit nehmen und durchatmen. (58:22) (7) Thomas Eberhardt

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V.A.- 10 Tracks
A Compilation Of The First Ten Bands On Airwaves CD
Airwaves Music


Das Label aus Stockholm feiert das Erreichen eines zweistelligen Band-Roster-Umfangs und bietet zugleich einen Ausblick auf das, was den Hörer in nächster Zeit noch zu erwarten hat. Interessant dürfte dieser Einblick in das Programm von Airwaves vor allem für Freunde der atmosphärischen Klänge sein, denn eine Gruppe wie CHICKEN EL DIABOLO ist, auch wenn ihr Bandname anderes verheisst, tiefgründig, geht subtil zu Werke und bemüht sich redlich um idyllische Klangwelten. Oftmals bleiben die Tracks primär instrumental, aber da dieser Sampler über eine derartige Spannweite verfügt, kehrt sicherlich keine Langeweile ein. FUGLESANG liebäugeln in "Hello No Future" mit Keyboardharmonien, die an die DOORS erinnern und auch ELIAS KRANTZ sind nicht halb so kantig wie ihr Name, sondern klimpern sich durch Hallschwaden, die eine schläfrige Aura entstehen lässt, die in ein zyklisches Stimmmungshoch mündet. TENDER SOUVENIRS, deren Longplayer hier ja ebenfalls zerredet wurde, steigern dann nochmal das bereits dargebotene, lassen den Drummer mit etwas mehr Wucht agieren und pfelgen um ehesten das, was man als "normalen" Song mit Strophe, Refrain und Bridge bezeichnen würde. HEAVINESS, MACKAPER, REKMORSA und HELP.ELP.LP.P setzen den eingeschlagenen Weg munter fort, belassen die Tasteninstrumente meist im Zentrum und halten das hohe Niveau dieses Samplers bis zur letzten Minute. Eine grandiose Compilation für alle, die etwas spinnerten, langatmigen Instrumentalrock schätzen und selbst wenn sich viele Bands anscheinend schon dem Namen nach dem Erfolg verweigern, so würde es mich doch wundern, wenn Airwaves nicht in kürzester Zeit viele Fürsprecher finden würde. (51:05) (7) Thomas Eberhardt

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V.A.- Dead Pilots Compilation
Daredevil And Heckspoilermusic Proudly Present CD
Heckspoiler Music


In Zusammenarbeit mit dem französischen Label Exutoire Records und der Zeitschrift Legacy haben Daredevil und Heckspoilermusic diesen fantastischen Sampler mit 26 Tracks veröffentlicht, auf dem sich Genregrössen wie JR EWING, LACK, THE PLOT TO BLOW UP THE EIFFEL TOWER, FEAR MY THOUGHTS, CORTEZ und ABEL IS DYING neben vielen weniger bekannten Bands die Ehre geben. Die Norweger SILENCE THE FOE und DESPERADO findet man auf dem Silberling ebenso wie MORE THAN EVER, AMANDA WOODWARD, HIRETSUKAN, TEMPER TEMPER oder THE EUROPEAN TRANSLATION OF. So bietet die "Dead Pilots Compilation" einen beachtlichen Querschnitt durch die europäische Hardcore-Szene und legt sich auch nicht sklavisch auf ein Genre fest. Obwohl der Sampler gute zwei Jährchen auf dem Buckel hat, könnte er angesichts des neuen LACK-Albums, einer neuen Veröffentlichung von DESPERADO mit ANYTHING BUT YOURS und etlicher beachtlicher Songs nicht aktueller und interessanter sein. Für fünf Euro solltet ihr so schnell wie möglich zugreifen, wer weiß wie lange der Vorrat reicht. Diese Compilation werde ich mit Sicherheit noch etliche Male aus dem Regal nehmen.(78:20) (8) Thomas Eberhardt

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The Finest Noise
Der Sampler - Volume 19 CD
Finest NoiseRecords


Einundzwanzig Tracks, da muss man tief Luft holen, bevor man sich mit diesem opulenten Sampler befasst, aber bei Gruppen wie THE DEAD NOTES, die charmanten Streetpunk spielen, Everblame, denen man eine Noise-Sozialisation ebenso anhört wie eine Vorleibe für Stoner-Rock und MR. ANDERSON, die den Melodycore der 90er wieder aufleben lassen, lohnt sich ein langer Atem allemal. Diesmal sind die bekannten Namen ziemlich in der Unterzahl, aber wie gewöhnlich bei Finest Noise Samplern ist das kein Grund zur Wehmut und vor allem kein Anlass zur Sorge, denn Bekanntheit ist schliesslich nicht aller Dinge Massstab und längst kein Qualitätsgarant. Mit BLOOMHANDED, PERFECTLY BLENDED und THE ZONNHANDLERS CLUB zeichnet sich diesmal eine klare Tendenz zum erwachsenen Alternative Rock ab und Letztere lassen doch aufhorchen, da ihr Song "Treatment Of The Past" anfänglich stark an MORRISEY erinnert und auch durch den Umbruch ins Alternative-Lager, nimmt der Song keinen Schaden, sondern funktioniert weiterhin formidabel. PHAZE spielen rhythmischen Funk, slappen mit dem Bass und lassen die Gitarre röhrende Leadriffs anstimmen, die sich gut mit dem charismatischen, leicht transatlantisch anmutenden Gesang ergänzen. Mit SECOND VERSION wagt man sich dann in New Wave Gefilde vor und STE/REO klingen als ob OASIS ein Projekt mit POP WILL EAT ITSELF ins Leben gerufen hätten. Insgesamt ein extrem abwechslungsreicher und daher sicherlich auch polarisierender Sampler, aber eine grandiose Band wie SUTTON HOO, die man auch gut und gerne mit MANDO DIAO verwechseln könnte, trifft dann letztlich auch noch meinen ganz persönlichen Geschmack. THOUSHALTLIE und SCARED TO DEATH halten am Ende den Metal hoch und zu entdecken gibt es auf dieser Compilation allerhand, also ruhig mal reinhören. Das Artwork von Ralf Rohde ist übrigens auch sehr gelungen, wer also einen Longplayer gestalten lassen möchte, setze sich mit Ralf in Verbindung. (66:46) (6) Thomas Eberhardt