WITH LOVE, March 2010-Reviews

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GOMD
Middle Of The End MCD
Space Bee Records


Atmosphärischer Indierock mit einer charismatischen Sängerin, deren Vocals in reichlich Hallschwaden eingehüllt werden, aber trotzdem eine unglaubliche Wirkung entfalten. Der vierte Track, "The Wrong Question", hat erstmal etwas mehr Drive, die verspielten Sechssaiter bleiben jedoch prägend. Die melancholische Grundstimmung erinnert etwas an GOLDFRAPP, die Instrumentierung der Songs eher an ELLIOTT. 2004 veröffentlichten die Bremer "Ace of Space", ihre erste MCD, 2007 folgte dann das Debut "Alter Ego" (2007) und mit "Middle Of The End" machen die beiden Brüderpaare Mautz und Lange plus Sängerin Dorit Jakobs einen mehr als guten Eindruck. Beim John Lennon Talent Award spielte man sich unter die ersten 20 und wenn GOMD sich über eine Sache Gedanken machen sollten, dann ist das lediglich ihr Name, ansonsten eine tolle Veröffentlichung. Eigentlich schon ziemlich eindrucksvoll, dass GOMD so ungekünstelte Musik machen, wo heute doch jeder um das Image bemüht ist. (6,5) Thomas Eberhardt

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EYESIGHT
Wir bleiben CD
Antstreet Records/Engineer


Seit mehr als zehn Jahren sind EYESIGHT aus dem Saarland nun schon gemeinsam unterwegs und obwohl sie jetzt neuerdings auf Deutsch singen, kann auch das neue Album ohne Einschränkung überzeugen. Gewöhnungsbedürftig mag es sein, aber das Melodypunk-Schema bleibt gleich und vielleicht ist es ja gerade die Veränderung, die EYESIGHT den Spass an der Sache erhält. Dass der Wechsel der Texte vom Englischen ins Deutsche jetzt international, besonders durch den Lizenzdeal mit Engineer, Sinn macht, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht muss man einfach das Fazit ziehen, dass EYESIGHT sich einen Dreck um's Business scheren. Die zehn Songs gehen jedenfalls in Ordnung, das Layout ist simpel, aber echt ansehnlich. Mal sehen, ob das Gros der EYESIGHT-Fans sich schockiert gibt, oder den Kurswechsel locker verkraftet. Angesichts des Labels dürften allerdings keine Sellout-Vorwürfe laut werden. Es bleiben am Ende gemischte Gefühle, denn die selbstreflexiven Texte kennt mal zur Genüge, aber Fans der Institution EYESIGHT werden ihnen bestimmt die Treue halten. Thomas Eberhardt

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HINDOSLEM
The Haste, The Calm And The Glorious Days
Acute Music


Eigenartige Platte von Hinduslem aus Wien. Sehr vielseitig ist"The Haste, The Calm and the Glorious Days" ausgefallen, eine wilde Mischung aus Thrash, New-Metal, Rock, Pop, angereichert mit einigen elektro-Beats, Keyboard-Orchester-Einlagen, Samples und variantenreichem Gesang von sanft bis grunz. Die ganze Chose kommt sehr songorientiert daher und die Detailverliebtheit beweist die Erfahrung der vier Ösis. Gerade im rhythmischen Bereich haben sie ihre Stärken und auch die Refrains sitzen meist beim ersten hören. Alle Songs kommen, was Aufbau und Grundthema angeht, recht originell daher, der knüppelige Opener "Dogma", "Error in Progress" und "Backdrift" gehören sicherlich zu den Stärken der Platte, "Riverside" ist dagegen eine etwas misslungene Ballade, "Lovesick" nervt mit cheesigem Poprefrain, "Transmission: failed" fällt wiederum durch eine trickreich arrangierte Effekte-Abfahrt positiv auf. All das live umzusetzen dürfte eine Herausforderung darstellen, sie hauen im Studio schon ganz schön auf den Putz. Insgesamt will die Scheibe bei mir aber nicht so recht zünden, es klingt doch alles noch etwas zu sehr nach Pappe und zu wenig nach Rock´n Roll. Und Keyboard-Orchester geht gar nicht. (6,5/10) Michael Dietz

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JACKSON POLLOCKS ACTION PAINTING
S/t
Kids In Misery


Postpunk aus Hamburg, benannt nach dem Actionskünstler Jackson Pollock, verziert mit deutschen Texten und mit forschen Phrasen wie "Viva Alliteration!" betitelt. "I like how it starts, I like the middle part, and I like how it ends!, sagt die Myspace-Gemeinde zu besagtem Song, treffender hätte ich es nicht ausdrücken können. Etwas sehr verkopft sind sie, die Elbanlieger, aber das deutliche Manko dieser Sevenich ist, dass man nur zwei Songs auftischt. Die Flipside hat "Dead End Blues # 14" drauf und Fans von THE OLIVER TWIST werden sich bestimmt hierfür erwärmen können, wobei ich ähnliche Kritikpunkte wie bei THE OLIVER TWIST anbringen möchte. Durch die gewollte Hipness geht der Band etwas der Herzblutfaktor verloren. Was das Quartett da fabriziert hat, ist meiner Meinung nach durchwachsen und kann den bisher gigantischen Releases auf Kids In Misery nicht ganz das Wasser reichen. Es fehlt der persönliche Bezugspunkt. Ein Hoch auf die Alliteration??? Mit so pseudo-spinnerten Wortspielen kann man doch keinen mehr hinterm Ofen vorlocken. Sorry, aber ich plädiere für eine inhaltliche Rundumerneuerung und mehr Produktivität. (6/10) Thomas Eberhardt

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JOHN DEERE
Dusk Deer Dawn
Heckspoiler Music


John Deere spielen punkigen Grindcore so erfrischend wie eine Nageldusche im Frühling und natürlich ne Ecke schneller als der Traktor vom hiesigen Bauern. Und bevor der Hirsch erlegt wurde haben sie sich durch die besten Earache-Scheiben gehört: Terrorizer, Repulsion, Carnage und auch die allmächtigen Brutal Truth. Und jetzt wissen die einfach wie es geht. Mir hat eigentlich nur der ein oder andere Grunzer gefehlt, der Sänger geht mehr in Richtung Psychopath. Ansonsten ist alles da, 8 Songs in etwa 10 Minuten aus einfachen Punkriffs mit flotten Breaks und High-Speed-Geknüppel aufgelockert, das ganze Stilecht auf Vinyl wie sich das gehört, mit einem "Deere" auf der B-Seite der ne sich ringelnde Wurst hinten raus drückt. Ich dachte immer, Hirsche scheißen in Kötteln. Egal. Grindcore schreibt normalerweise keine Hits, sondern lebt vom Grundsound und den haben die 4 Chaoten sauber hinbekommen, druckvoll, direkt und mit dem perfekten Quäntchen Proberaum im Schritt. Gemastert wurde die Platte übrigens im Februar 2004, klingt aber zeitlos. (9/10)

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KERRETTA
Vilayer
Golden Antenna


Instrumental-Rock kann so gut sein! Schon bewundernswert mit welcher Intensität der Dreier aus Neuseeland KERRETTA seine Klangcollagen komponiert. Ein leiser, schwebender, Anfang, dominiert von kunstvoll eingesetzten Delays, ein pumpender, leicht angezerrter Bass, ein hypnotischer Beat, der unweigerlich in eine Beckenschlacht ausarten wird, wenn die Gitarre ihre wundervoll erdige Distortion reinhaut. So funktionieren die 8 Stücke auf "Vilayer", von denen das zweite, "Maven Fade", besonders herausragt und dich mit einer bittersüßen Akkordfolge direkt in die Milchstraße schießt. Auch "Dinshah" entführt dich auf eine weite Reise in die Klanguniversen, die Ende der 60er von PINK FLOYD zum ersten Mal erforscht wurden und heute noch von Bands wie OCEANSIZEO durchflogen werden. KERRETTA haben ihren eigenen Winkel in diesem Universum gefunden, der so manchen dramatischen Meteoritenschauer überstehen muss und abgrundtiefe Schwarze Löcher verbirgt. In 45 Minuten kann man sehr weit reisen! Diese Platte sei allen empfohlen, die sich mal wieder etwas Zeit nehmen möchten für (ent)spannende Klangabfahrten. Eine Perle aus dem Underground. (9,5/10) Thomas Eberhardt

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MUKRA
Vergölst
I Love Marbach Records


Chicago ist mit etwas gutem Willen eigentlich nur die transatlantische Punktspiegelung von Erfurt, das zumindest könnte man annehmen, wenn man den Klängen von MUKRA lauscht. Dieses Duo, welches sich allein aus Drums und Gitarren zusammensetzt, orientiert sich nämlich an Bands wie JOAN OF ARC, JESUS LIZARD, SNACKTRUCK und möchte mit Labels wie Dischorporate und Exile on Mainstream assoziiert werden. Wieso eigentlich nicht? Kauztig, spinnert und noiselastig ist der Stil von MUKRA auf alle Fälle, gesungen wird sporadisch, "Post" zeugt von Gitarrenvirtuosität und hätte den OWLS ebenfalls gut zu Gesichte gestanden. Kinsella ist der Name, der hier über allen Assoziationen thront und wer guten, rockigen Postcore mit einer gehörigen Menge Nonsens und Um-Die-Ecke-Denken mag, der wird hier seinen Spass dran haben und da schließe ich mich gar nicht aus. Layout ist erfrischend anders und das Vinyl ist natürlich limitiert, also am besten gestern zugreifen. Thomas Eberhardt (7)