WITH LOVE, Juli 2013-Reviews

JULI 2013



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BARONESS
Live At Maida Vale BBC CD/LP
Relapse Records


Vier Livesongs von BARONESS, die allesamt von "Yellow/Green" stammen und somit eher die neuere Schaffensphase beleuchten. Tadellos eingespielt und was "The Line Between" betrifft auch etwas rougher als auf dem Album. Also mal eines geradeheraus, hier ging es natürlich primär darum ein Livwalbum in Koopation mit der BBC aufzunehmen, aber die Silkscreen-B-Seite der LP dürfte wohl ebenfalls den ein oder anderen Sammler auf den Plan rufen. Das Artwork kommt, wie bei BARONESS üblich, natürlich von Sänger und Gitarrist John Baizley, dessen Fame unlängst dazu führte, dass er sogar ein METALLICA-Shirt entwerfen durfte. Über "Live At Maida Vale" muss dann der Pegel der persönlichen Geldbörse entscheiden, da die meisten die Songs wohl schon im Regel haben. ThEb

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BLACK VELVET
Sheets Of Empty Words CD
My Redemption Records


Die neue EP der Niederbayern als Melodycore zu titulieren passt eigentlich ganz gut, greift aber doch zu kurz, denn der Vierer hat auch eine Hardcore-Kante und etliche Indieanklänge. Das hohe Tempo bei "Red violet and blue" und die metallischen Gitarrenleads widerum lassen Screamo-Anteile verorten. Alles in Allem deckt die Band viele Einflüsse ab, aber so kommt auch alle zwanzig Sekunden ein neues Lead, ein Drumroll oder ein neuer Part, was ziemlich überladen rüberkommt. Eine Reduktion auf's Wesentliche würde mir persönlich besser gefallen. Handwerklich sind die fünf Songs aber tadellos, die Riffs knallen, der Gesang ist meist melodisch und Bernhard Wild gelingt bei den Vocals sogar die perfekte Balance zwischen Eingängigkeit und Virtuosität ohne dabei zu platt oder zu abgehoben zu klingen. "F.A.M.E." ist dann tatsächlich ein Paradebeispiel dafür, dass gerade die abgespeckte Variante von BLACK VELVET hervorragend funktioniert. Aber wer will der Band einen Vorwurf daraus machen, dass sie unheimlich kreativ ist? Ein waghalsiger aber gelungener Kurswechsel, den Philip Seidl amtlich produziert hat. ThEb (6,5)

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BLACK TUSK
Tend No Wounds CD/LP
Relapse Records


Das Cover von John Dyer Baizley deutet es schon an, bei BLACK TUSK aus Savannah wird es diesmal martialischer denn je. "Enemy of reason" fährt sogar recht traditionelle Hardcore-Riffs auf und lässt sämtliche etablierten Vergleiche etwas unpassend erscheinen. Erinnert mich alles mehr an OUTSPOKEN, BY THE GRACE OF GOD und NEGATIVE APPROACH als an MASTODON. Für eine EP sind die Songs aber extrem facettenreich, da hört man arabische Einflüsse, atypische Leads, weil man sie in der Tonart absetzt und zu guter Letzt hat das Trio einfach ein gutes Händchen für Arrangements und Songwriting, denn die Stücke sind komplex ohne kompliziert zu werden und bieten etliche Wiedererkennungsmerkmale. "Internal/External" klingt erstmal nach Interlude, aber keine Sorge, ist ein richtiger Song und verbreitet mit "to myself forever loyal… trust no one call no one my friend" recht nihilistische Vibes und endet in einem Dröhn-Nirvana. Gegen Ende wird es dann sogar noch psychedelisch, denn "Truth untold" hat neben Drumrolls und Hardcore-Shouting auch ein ziemlich spaciges Lead in Petto. Der finale Track "In days of woe" klingt dann etwas nach ELDER/THE SWORD, ist also ein recht straighter Rocksong, dessen Crewshouts bei der Tour im Oktober für einige Pile-Ons und blaue Flecken sorgen werden. Wer eine solche phänomenale EP als "Überbrückung" zwischen zwei Alben raushaut, der darf wahrlich auf rosige Zeiten hoffen. ThEb (7,5)

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CELEB CAR CRASH
Ambush!
Antstreet Records


Erlebt die Grunge-Ära gerade sowas wie ein kleines Revival? Immer häufiger kommen Rockalben ans Tageslicht, die sich deutlich an den Größen der Neunziger orientieren, außergewöhnlich versierte Vocals mit dreckigen Rock n' Roll-Riffs und einer düsteren Aura verknüpfen. CELEB CAR CRASH setzen trotz all der Melodik in gleichem Maße auf druckvolle Riffs, was die Stoner-Fraktion ebenfalls ansprechen dürfte. Meist agiert man zwar etwas glatt, aber an "Tied Up" gibt es rein garnichts zu tadeln. Eindrucksvoll ist die Vielschichtigkeit des Sounds, Jerry Cantrell-Fans müssen "Ambush!" unbedingt mal antesten, dann für sie ist das Album wirklich ein "sure shot". Einige QOTSA-mäßige Tracks kann man ebenfalls auf dem Album finden, an erster Stelle wäre da "Get More" zu nennen, eine uptempo Wüstenrocknummer gefolgt von dem Steel-Slide-Intro zu "Blinded by the light", welches eine ähnliche Richtung einschlägt. Für Seattle-Fans führt kein Weg an diesem Album vorbei, denn die vier Italiener spielen auf internationalem Niveau und das Land ist neben der schwedischen Szene gerade einer der interessantesten Spielplätze der Rockmusik. ThEb (8,5)

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THE FASTBACK
Nero 3:33
Eigenproduktion/Go Down Records


Garagenrock für Leute mit Zombie-Faible und B-Movie-Affinität liefern THE FASTBACK aus Italien. Gesanglich tendiert El Lello bisweilen etwas in Richtung CALABRESE bzw. DANZIG, was natürlich auch genial zur Motivwahl des Quartetts passt, aber charakteristisch sind eher die Vintagepassagen und Nugent-Tribute-Riffs wie in "Demons.demons.demons", wo man auch ein Twin-Guitar-Lead genießen darf. Die Besonderheit der 2010 gegründeten Band liegt ganz klar in der stilistisch offenen Ausrichtung, denn skandinavische Elemente gibt es hier ebenso wie Griffin-Riffs und düstere Samples. "Snake" ist dann recht eingängig während "She dances with knives" und "To the very end" schon etwas nach TYPE O NEGATIVE und auch THE 69 EYES klingt. Das einzige Manko ist das etwas einfallslose Cover, aber der Rausschmeißer "It's witchcraft, baby" entschädigt mit seiner straighten Art deutlich dafür. Insgesamt ein abwechslungsreiches Album, welches durch Eigenwilligekeit überzeugt und für ein Debüt äußerst beachtlich ist. ThEb (7)

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LORD DYING
Summon The Faithless CD
Relapse Records


Portland, Oregon, schickt seine Combo im Kampf um den Dröhn-Thron ins Rennen und obwohl die Gruppe ziemlich neu ist, schlägt man sich beachtlich. Das Riffing ist zwar gnadenlos an HIGH OF FIRE angelehnt, aber wer will sich darüber beschweren? Was die Produktion angeht, setzt man eher auf's Punkige, denn die Drums scheppern herrlich vor sich hin auch am Sechsssaiter setzt man eher auf Höhen, klimatische Tonfolgen und Licks als auf Gewummer. Wobei durch die zyklischen Riffs immer noch genügend Dröhnung ankommen dürfte. Ganz objektiv und sachlich betrachtet, überzeugt die Combo obwohl man die einzelnen Elemente mittlerweile kennt und das Stoner/Drone-Genre ja auch schon von anderen Gruppen gut repräsentiert wird. Das an den Titel angelehnte "Summoning the faithless" fährt ein derart simples aber effektives Riffing auf, dass man echt nur noch staunen kann, Slow-Motion-Passage, atmosphärisches Drumming und martialische Leadgitarre inklusive. "Descend into eternal" wird mit einen Schuldiner-Tribute-Riff eröffnet und zitiert auch des Öfteren charmant "Postmortem" von SLAYER, gibt allem aber einen Stoner/Doom-Anstrich, was schon ziemlich genial ist. Die meisten Songs dauern ungefähr fünf Minuten und wer auf SLAYER, DEATH oder HIGH ON FIRE steht, kommt hieran nicht vorbei. Selbst wenn des Öfteren abgekupfert wird und "Dreams of mercy" ein ziemlich dröger Brocken ist, überzeugt das Full Length Debüt. Allerdings wird beim erneuten Hören klar, dass die Riffs eben nicht für Dauerbeschallung konzipiert wurden und recht schnell an Reiz verlieren. Trotzdem ein äußerst cooler Einstand. ThEb (8)

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MY NAME IS MUSIC
Super Acceleration CD
Las Vegas Records/Broken Silence


Bitte nicht vom Cover abschrecken lassen, das dritte Album der Wiener Band hat durchaus was, denn nach dem Auftakt mit vier elektronischen Songs inklusive high-pitched-vocals, die enorm an die BEE GEES erinnern, ändert Niki Altmann die Tonlage und das Duo haut mit "Suicide attack in slow motion" einen New-York-lastigen Blues/Boogie raus, der etwas an THE KILLS und BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB denken lässt. "Three Steps Behind" zeigt die Combo dann nochmals von ihrer rockigen Seite aber es wird etwas radiotauglicher, wobei die Gitarrenlicks echt formidabel sind. Später hört man mit "Frankie", einer Ode an Frankensteins Monster, sogar puren Vintagerock und "Excellent climber armstrong" setzt diesen eigeschlagenen Kurs konsequent fort und stellt sogar kurz eine Fuzz-Sologitrarre ins Zentrum. Zum Schluss wird es mit "Gimmie gimmie gimmie" nochmal elektronisch, der Song enthält, wie das Openerpaket, eher Referenzen an DAFT PUNK und TOK TOK was ebenfalls gute bei Laune hält. Insgesamt ein cooles Album mit smarten Texten und die Nerds im Booklet, die Miniatur-Raketen zünden, zeigen, dass Hall & Altmann durchaus ihren Spass bei der Sache haben und allen Indie-Fans, die auch etwas Elektronik nicht verstört sei "Super Acceleration" ans Herz gelegt. ThEb (7)

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PORNOPHON
Fünf CD
Hasscontainer/New Music Distribution


Man muss der Band natürlich hoch anrechnen, dass sie bereits 1998 in Erscheinung trat und unter anderen die Bühne mit den SPERMBIRDS teile, dass hört man einem Song wie "Buck of metal pt II" auch deutlich an. Andererseits ist "Fünf" nicht sonderlich zeitgemäß oder gar innovoativ, man hat eher den Eindruck, dass die Band sich ganz in ihrem eigenen Kosmos bewegt und eigentlich eher ein Fossil ist, als dass man aktiv die Musikszene beobachtet. Mag am Herkunftsort Ulm liegen, den die Band selbst als "Suck City" bezeichnet. Wer traditionellen Crossover mit Hardcore-Passagen will, darf hier gerne zugreifen, denn "All hail the chief" mit seinen gekeiften "Choose your pain" Parts ist schon ganz nett. Wie man hätte mehr daraus machen können, ist ganz klar ... neuer Bandname ... anderes Cover. Die neun Songs sind an sich sind aber durchaus okay. ThEb (6)

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THE ROAD HOME
Too Cold CD
Shield Recordings


Also diese Band aus Enschede muss man einfach gehört haben, dann jenseits aller Trends, Genres und Verkaufsstrategien machen die Niederländer ihr ganz eigenes Ding. Also einfach mal MXPX, THE CLASH und SOCIAL DISTORTION plus Joey Cape in die Runde geworfen und das Resultat spricht für sich. "Young vigilantes" und "Too cold to run" zeigen einfach, dass die Band den Mut hat auf großspurige Amps und Dröhnangriff zu verzichten, braucht sie auch nicht, denn das Songwriting spricht für sich. Anfangs wirkte das neue Material zwar etwas zu poppig, aber angesichts vor Vorbilder passt der Sound schon. Der Schlusspunkt "Cold ground" ist eine regelrechte Ballade und zeigt nochmal, dass THE ROAD HOME auch Profis sind, was melancholischen Country plus Mundharmonika angeht. Die EP ist auch auf Vinyl zu bekommen. Pink, weiß, weiß marmoriert oder eben in schwarz. Eine CD liegt der Vinylfassung bei und 10 Euro sind äußerst fair. ThEb (8,5)

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SHINTO KATANA
Redemption CD
Let It Burn Records


Der Bandname klingt erstmal nach MMA-Core, aber hinter den Songs der Australier steckt mehr als nur oberflächliche Pseudoaggressivität. Durch das allgemein recht moderate Tempo wirken alle Arrangements umso heavier und dass man bisweilen Beatdowns integriert, stört auch nicht weiter. Die Mischung macht es eben und die Tracks von SHINTO KATANA erinnern mich sehr an das erste EMMURE-Album, damals fühlte man sich echt vor den Kopf gestoßen, angesichts dieser zermalmenden Heaviness. Textlich ist "Redemption" eine Fusion aus Angriffslust, Underdog-Mentalität und Außenseiterstolz. Kostprobe gefllig? "We are the monsters. We're the freaks that occupy the streets whilst all the weak lock up their doors and sleep. We're nowhere to be seen" (Outlaws). Schlichtweg ein ganz fieser Brocken und so passt es dann auch ins Bild, dass Frank Palmeri von EMMURE sich bei "Solitary" hinters Miko klemmt. In "Internal warfare" heißt es dann "This is a war we cannot win. Nobody's coming home. Left out to die anlone. Catch the reflection of the sea. Staring at mirrors to see the common enemy" und Jon Blake von ON BROKEN WINGS (früher bei Alveran) kommt ebenfalls zu seinem Gastauftritt. Der Song hat ausnahmsweise auch eine Leadgitarrenpassage, aber generell kommen SHINTO KATANA ganz gut ohne Leadgitarre aus und fokussieren sich auf die Rhythussektion. Insgesamt dürfte das Album sowohl junge, wie in die Jahre gekommene HC-Fans ansprechen, weil wenig Schnickschnack zu finden ist. Darüber hinaus achten die fünf Aussies immer auf den Groove und driften selten in den Metal ab. Falls doch, dann legen sie aber wie in "Conditions" auch gleich einen punkigen Part nach und klären mit wuchtigen Beatdowns. Brutales Shouting, pessimistische Lyrics und tonnenschwere Riffs. Nuff said? ThEb (8)

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TRUE WIDOW
Circumambulation CD/LP
Relapse Records


Das dritte TRUE WIDOW Album ist ein recht unüblicher Release für Relapse, zeigt aber deutlich, dass es eben großartige Bands in den verschiedensten Genres gibt. Zwar ist der Opener "Creeper" ein wenig unspektakulär, aber "S:H:S" und "Four teeth" sind dann eine aparte Fusion von JEX THOTH und JOY DIVISION. Besonderen Eindruck machen dabei die knarzenden Gitarrenpassagen mit reichlich Reverb und das Wechselspiel bei den Vocals, denn Dan Phillips und Bassist Nicole Estill teilen sich das Mikro. Dan Phillips war übrigens bei der Deep Elm-Combo SLOWRIDE aktiv man fragt sich, weshalb das Trio nicht schon bekannter in Europa ist, schließlich existiert die Band bereits seit 2007. Kürzlich war man sogar mit Kurt Vile, davor aber auch schon mit BORIS und AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD auf Tour und diese Auswahl spiegelt sich auch im Sound der Gruppe wieder. Indierock mit verträumten Passagen, meinetwegen auch Shoegaze, in Kombination mit BRMC-Coolness und entrückter Melancholie. Für Genre-Fans dürfte dieses Album einer Offenbarung gleichkommen. "Trollstigen" versöhnt dann aber auch Fans der härteren Gangart, denn die Gitarrenriffs des Songs haben ein gewisses ELECTRIC WIZARD-Flair und mit ihren hypnotischen Vocals macht Nicole Estill den Track zu einem absoluten Überflieger. Wer SWANS für das Nonplusultra hält, sollte TRUE WIDOW mal antesten. Grandios. ThEb (9)

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WATERLVNGS
Demo '13
waterlvngs.bandcamp.com


Ginge es nach WATERLVNGS hätten die Achtziger nie aufgehört, MINOR THREAT wären nie zu FUGAZI geworden und Hardcore auf keinen Fall kommerziell. Aber Wunschvorstellungen beiseite, dieses Demo zollt dem Heyday der Dischord-Ära Tribut und klingt so authentisch nach den Bands von damals, dass es eine Freude ist. Fünf Tracks in zehn Minuten, trotzdem eher getragenes Tempo und harsche Vocals. Ein absoluter Geheimtipp für Nostalgiker und Puristen und die Band hat gerade erst begonnnen! Unbedingt mal bei bandcamp anhören und selbst von der Klasse der Combo überzeugen lassen. ThEb (7)

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WAVES LIKE WALLS
Brain As A Weapon
10th Legion Records


Erster Eindruck? Atmosphärischer Hardcore mit einigen Djent-Ausflügen und reichlich FEAR FACTORY-Flair. Soll heißen die Drums und der Bass muten doch sehr künstlich an, aber das ist wohl alles so geplant. Eindeutiger auf der Habenseite darf man der Combo aus Ingolstadt attestieren, dass "Brain as a weapon" ungeachtet des technologischen Erscheinungsbildes reichlich groovt und WAVES LIKE WALLS sich einfach wie eine gut geölte Maschine durch die vier Songs fräsen. Eine ziemlich coole Kombi aus ultrabrutalem Shouting, kühler Industrialatmosphäre und Hardcore-Ethik. In "Friends and family" gelingt es der Combo sogar ganz marginal melodisch/atmosphärische Parts einzubinden und trotzdem reichlich Hardcore-Stakkato zu bieten. Die vier Songs sind jedenfalls ein guter, charakterstarker Einstieg. ThEb (7)