WITH LOVE, November 09-Reviews

Text?


ANTICOPS
Out In The Streets
Psycho T Records


Album Nummer 4 widmen die Berliner den Bands von denen sie selbst vor zehn Jahren als junge Band beeinflusst wurden und stellen dem Ganzen noch ein paar ANTICOPS-Songs zur Seite. Covers auf dem Album wären "Attitude" von den MISFITS, "Gewalt" von den TROOPERS, "Drunk At The Youth Of Today Reunion Show" von SLUMLORDS, "Roots" von PAYBACK, und "Troublemaker" von...na? TROUBLEMAKER eben. Gäste gibt es ebenfalls, Candace von WALLS OF JERICHO, Kid D. von RYKERS, Stephan von FINAL PRAYER,Bryan von DEATH BEFORE DISHONOUR, Bud von SETTLE THE SCORE und neben anderen auch noch Atze von den TROOPERS, deren Song "Gewalt" für "Out In The Streets" auch noch auf Englisch eingespielt wurde. Spass macht das Album allemal und die elf Songs sind eine kompromisslose Auswahl an Tributesongs, die von ANTICOPS brachial eingespielt wurden. Als extra Kaufanreiz gibt es noch einen enhanced part, also noch ein paar Clips und zusätzliche Informationen. (7) Thomas Eberhardt

Text?

CHAPTER II feat. Natalie Chandra
Angelface CD
Got You On My List (Antstreet Records)/New Music Distribution


James Ender und Fredy Wiederkehr haben ein gutes Jahr an den Tracks gearbeitet und wollten eine Art Mixtur aus progressivem Heavy Metal, klassischen Einflüssen und Weltmusik schaffen. Durch die Hinzunahme von Sängerin Natlie Chandra haben ihren traditionellen Heavy Metal Songs gehörig Charisma eingehaucht und auch wenn die Weltmusikaspekte gering bleiben und stattdessen eher elektronische Beats und Keyboards eingesetzt werden, hat "Angelface" durchaus seine Reize. Die Riffs in "Soho" sind eingängig, mitreissend und erinnern etwas an NIGHTWISH, wobei CHAPTER II aber etwas mehr auf Rhythmen setzten und auf Ebm-Hintergrundeffekte setzen. In "Synchonicity" kommen auch Chöre zum Einsatz und so könnte man auch ENYA als Vergleich anbringen. Die Fusion gelingt dem Septett gut, aber das organische Klangbild bleibt bei so vielen Elementen die im Studio zusammengeführt werden irgendwie doch etwas auf der Strecke. Etwas weniger Technik und originale Backups statt Samples hätten "Angelface" bestimmt etwas fleischiger gemacht, aber man kann dieses kleine Manko verschmerzen. Heavy-Fans dürfte "Angelface" gefallen, weil hier harte Riffs auf powervolle weibliche Vocals und traditonelle Elemente und Experimente treffen. Doch, die Schweizer zeigen 12 Mal, dass man auch ohne Matte guten, einfallsreichen Heavy Metal spielen kann und dass man sich inhaltlich für den Umweltschutz einsett, macht sich Sache um so löblicher. (57:34) (6,5) Thomas Eberhardt

Text?

DRIVING THE SALT
Tell Tale Hearts 2002-2009 CD
Down The Records


Da ist er nun, der Rücktritt vom Rücktritt! Nach zwei Jahren Pause melden sich Regensburger wieder zurück und betreiben mit "Tell Tale Hearts 2002 - 2009" eine umfangreiche Werkschau. Vom ersten Demo über den gesamten Longplayer und die Split mit STATIC84 bis hin zu sechs brandneuen Tracks und einem bisher unveröffentlichten Song hat das Album auf dem neuen Label Down The Drain das bisherige Schaffen der Band gut zusammengefasst. Nach der Auflösung von Striving For Togetherness, dem bisherigen Label der Band, macht eine derartige Sammlung sicherlich Sinn, denn sechs neue Songs alleine, so gut sie in diesem Fall sein mögen, wären Stückwerk gewesen. Jetzt beginnt die Compilation mit sechs etwas brachialeren, leicht nostalgisch angehauchten neuen Tracks, die etwas das Tempo rausnehmen, aber vollkommen überzeugen und weiterhin System- und Sozialkritik betreiben. Dass man den bisherigen Output von DRIVING THE SALT mit seinen 18 Songs als Dreingabe zu den neuen Songs bekommt, macht "Tell Tale Hearts 2002 - 2009" beinahe schon zum Pflichtprogramm. Wer die grandiose "The Ghosts Stopped Watching" von 2004 noch nicht sein eigen nennt, sollte jetzt zugreifen. 2010 soll dann schon die zweite Full Length erscheinen, aber für den Moment freut man sich erstmal darüber, dass die Bayern wieder die Hardcore-Szene bereichern. (53:58) (8,5) Thomas Eberhardt

Text?

THE HEADLESS HORSEMEN
Psycho Boogie Hellraiser CD
Psycho T Records


Psycho Boogie ist der Stil von THE HEADLESS HORSEMEN und das Trio legt mit "Psycho Boogie Hellraiser" sein zweites Album vor und untermauert damit seinen Status als METEORS-, MAD SIN- und CALABRESE-Alternative. Mit "Kiss The Whys Goodbye" und "Bop Til You Rot" hat man Songs, die total überraschen und etwas aus dem Psychobilly-Raster des grandiosen ersten Albums "Bonebreak Boogie" fallen und eher im 60ies-Style angesiedelt sind. Das Solo in "Bop Til You Rot" ist schlichtweg der Hammer und es ist schon erstaunlich wie gut die Band die Songs durch den Groove zusammenhält, bei einem Trio sicherlich eine Herausforderung, die ihrergleichen sucht. Einige Songs haben auch zusätzliche Backup-Vocals bekommen, was sicherlich die Catchyness des Materials erklärt. Vom Verzerrer macht die Combo diesmal zwar nur wenig Gebrauch, aber dafür kommt das spielerische Vermögen von Fisch, Siki und Bax besser zur Geltung, als bei stark mit Distortion arbeitenden Gruppen. "Down The Drain" ist dann nochmal ein recht hymnischer Song mit einem tollen Refrain, der zeigt, dass das Album keinen einzigen schwachen Song vorweisen kann, sondern eine zugegeben etwas reduzierte, aber sehr charmante und gute Psychobilly-Scheibe mit viel Reverb ist. Kann man nur weiterempfehlen, gerade die Tatsache, dass man was riskiert, sich verändert und weiterentwickelt hat, macht "Psycho Boogie Hellraiser" zu einem äußest gelungenen Album. (35:34) (8) Thomas Eberhardt

Text?

HUMAN DEMISE
The Odditorium CD
WTF Records/WTF Distro/Sonic Rendevous


Cleveland-Style Hardcore ist die Nische, die HUMAN DEMISE aus den südlichen Niederlanden für sich entdeckt haben und seit sieben Jahren hauptsächlich live beackern. 13 Länder hat man bereits besucht und was jetzt noch fehlte, war ein Debüt. Dank der jahrelangen Erfahrung ist "The Odditorium" dann auch ein Album geworden, welches INTEGRITY oder RINGWORM ebenso das Wasser reichen kann wie VEGAS das mit ihrem Album vor einigen Jahren auch schonmal gelang. Sänger Maurice spuckt jedenfalls Gift und Galle während er menschliche Abgründe beschreibt und hin und wieder hört man auch das ein oder andere Metal-Solo, eben ganz wie bei den Originalen. Natürlich kommt der Release von HUMAN DEMISE brachialer rüber, so dass ein doch schon etwas in die Jahre gekommener INTEGRITY Kultsong wie "In Contrast Of Sin" von der Klangqualität her nicht richtig konkurrieren kann. Wer Dwid gerne im Stile von "Humanity Is The Devil" hätte weitermachen sehen wollen, darf gerne mal dieses Quintett in die Pflicht nehmen, denn so konsequent hat man Clevo-HC schon lange nicht mehr gehört, ein Ziegelstein ins Gesicht kann kaum schmerzhafter sein. Abgerundet wird der Release mit einem Lyricsheet in Posterformat und einem Three-Panel-Digipack. (32:51) (8) Thomas Eberhardt

Text?

KISMET
Hiatus CD
Beep Beep! Back Up The Truck/Midsummer Records


Leicht verschrobener Indierock mit bedächtigen EDTIORS-Leads ist das Credo dieser Formation aus Utrecht in den Niederlanden und obwohl sie sich eher den ruhigen Klängen verschrieben haben, macht "Hiatus" mit seinen neun Songs eine gute Figur. Das fängt schon beim Layout an, das Digipack ist Offsize, wurde von Zlaya Hadzich gestaltet, der schon Artworks für SONIC YOUTH und KARATE gemacht hat und wo die Benelux-Länder sich bereits seit Februar 2009 an "Hiatus" laben dürfen, können wir ab dem 5. Februar 2010 jetzt ebenfalls unsere helle Freude an der stark von CURSIVE und CHRISTIANSEN inspirierten Combo haben. Was anfangs sehr harmonisch beginnt, bekommt mit dem vierten Track "TV on" erstmals ein paar Disharmonien spendiert, aber das Wörtchen Core kann man hier getrost weglassen, denn der Fünfer setzt eher auf einen prägnanten Bass, als auf Verzerrer und Brachialität. Temy ist ein versierter Sänger und so distanziert man sich erfolgreich vom Zeitgeschehen und reiht sich in die illustre Reihe an emotionalen Postrock-Bands wie SDRE, JAWBREAKER und JAWBOX ein, hat aber auch eine wavelastige Seite und erinnert nicht selten an die grossen Helden des britischen Pathos. Eine ganz genuine, fantastische Zusammenkunft an verschiedenen Stilrichtungen, die für ein rätselhaftes aber essentielles Album sorgt. Bin lange nicht mehr so beeindruckt gewesen. (38:50) (8,5) Thomas Eberhardt

Text?

LAUT
Wasser MCD
myspace.com/lautos


Rock mit deutschen Vocals, dessen Titel zwar etwas plakativ klingen, beim ersten Hören aber durchaus Eindruck machen, weil das Quintett Stoner, Grunge und Hardrock zu einer recht originellen Sache formt. Frühe SOUNDGARDEN, THIN LIZZY, QUEENS OF THE STONE AGE oder GOOD WITCH OF THE SOUTH sind Verweise, die vielleicht helfen die Osnabrücker zu verorten und der prägnante Gesang von Ex-SOULSET-Sänger Roy van Dijk bereichert den guten Rocksound dann noch um einige Facetten. Auf Englisch wäre es eine gute aber wenig originelle Veröffentlichung, mit dem Wagnis deutsche Texte und Hardrock zu verbinden ist "Wasser" aber eine eigenständige und deshalb auch gute Veröffentlichung. Die Texte sind ebenfalls ein Grund zum Lob, aber mir mir fehlen definitiv die Texte und irgendwie könnten LAUT auch eine Prise Humor oder etwas Wortwitz vertragen. (22:47) (6) Thomas Eberhardt

Text?

MOURNING FOR TOMORROW
Deine Hülle, deine Haut CD
Midsummer Records/5gegen5000


Die gefühlte Spieldauer dieses Debüts lag so etwa bei eineinhalb Stunden, was an dem gedrosselten Tempo liegen mag, aber auch an den atmosphärischen Klangcollagen und Soundlayern, die hier geschichtet aufwerden. Die deutschen Texte sind durchdacht bis poetisch und hinterfragen die Mechanismen, die unser Leben dominieren. So pendelt man zwischen geflüsterten, gesprochenen und geschrienen Vocals, während die Gitarren einen ergänzenden Rahmen schaffen, der aber ebenso weitläufig ist und immer auf die Gesamtwirkung abgestimmt scheint. Gerade die Momente des Aufbaus und des Abwartens auf den erlösenden Krachausbruch machen MOURNING FOR TOMORROW mehr als interessant, wo andere Alben schnell mal monoton werden, bleibt "Deine Hülle, Deine Haut" spannend und fordernd. 11 epische Songs, die ein Must-Have für Reverb-Fanatiker sind, die den Wechsel zwischen laut und leise ebenso schätzen wie Musik, die auf Albumformat angelegt ist. Für die Zukunft wäre es noch eine Herausforderung etwas obskurere Rythmen und Timings einzubauen. Das Artwork ist ebenso abstrakt wie die Tracks auf dem Album und ergeht sich im gepflegten Understatement, aber lässt euch davon nicht täuschen, die Jungs haben hier einen Meilenstein abgeliefert. (53:54) (7,5) Thomas Eberhardt

Text?

NOISEFREAK
Sick Sessions CD CD
www.myspace.com/noisefreaksn


NOISEFREAK aus Mecklenburg-Vorpommern spielen Grind, der vor allem inhaltlich überzeugt, weil ihre Systemkritik sehr authetisch rüberkommt und man schon lange nicht mehr so viel geballten Nihilismus gehört hat. Die Band könnte man auch ein Nebenprojekt nennen, denn Jörg spielt Bass bei GROUND ZERO, während Steffen den Sechssaiter für AORTA zum Klingen bringt. Zwischen den Ideengebern NAPALM DEATH und BRUTAL TRUTH grindet sich das Duo durch sage und schreibe 23 Tracks und beschreibt so ziemlich alle Abgründe der menschlichen Existenz und lässt auch kein gutes Haar an den Oligarchen, die unsere Gesellschaft lenken und deren "Ärsche immer fetter" werden, ohne dass sie aus ihren "Traumluftschlössern" auszögen und wieder Moral und Werte annehmen würden. Grandios auch der Song "Snob", allein die Textzeile: "Du bist, was in drei Sekunden beurteilt ist, ein Snob, der sich bei Ärger in die Hose pisst" ist ein Schmunzeln wert. Musikalisch sicherlich nicht revolutionär, aber für ein Duo produzieren die Herren einen herrlich unangepassten Krach. Zum Glück hat man sich die Mühe gemacht die Texte abzudrucken und ein umfangreiches Booklet beigelegt, hier geht Inhalt vor Form und daher kann man "Sick Sessions" eigentlich nur gut finden. (34:57) (7) Thomas Eberhardt

Text?

STILL SCREAMING
From The Ashes Of A Dead Time CD
WTF Records/WTF Distro/Sonic Rendevous


Das Cover mutet martialisch an und lässt Metalcore-Tunes vermuten, dem ist aber ganz und gar nicht so, STILL SCREAMING sind eine traditionelle Hardcoreband, die ganz ohne Metalelemente auskommt. High Pace-Passagen wie in "Break Down" lassen an BETTER THAN A THOUSAND denken, während "About Face" ganz klar an TERROR, BURIED ALIVE oder andere Scott Vogel Combos erinnern. Die Vocals sind eher im unteren Tonlagensegment angesiedelt und neben vielen unkomplizierten Tracks hört man zum Beispiel in "Ashes" so tightes Drumming, dass man schon vom lauschen Muskelkater bekommt. Etliche Singalongs hübschen die Sache zusätzlich auf und machen "From The Ashes Of A Dead Time" zu einer lohnenswerten Ergänzung der Sammlung. 14 Mal bieten STILL SCREAMING hier die Blaupause für ein modernes Hardcore-Album auf internationlem Niveau, dass hier eine deutsche Band am Werk ist, hört man höchstens bei der ebenfalls gelungenen Hip Hop Version von "No Time To Regret", hier sind die Raps nämlich auf Deutsch. Selbst dieses Wagnis setzen STILL SCREAMING ohne Platitüden oder Stumpfsinn um, dazu sind sie zu helle. Das zweite Album der Band kommt als Digipack und ist seit kurzem erhältlich. (35:19) (8) Thomas Eberhardt

Text?

THOUGHTS PAINT THE SKY
Hier Spielt die Musik CD
Ape Must Not Kill Ape Records/
Unpopular Disclose Records/Dicker Elvis Records


Die Essener gefallen mir von Release zu Release immer besser, der Akustikscreamo nimmt mittlerweile sehr atmosphärische Züge an und wirkt nicht mehr ganz so minimalistisch wie damals "...And The Colour Is Your Choice". Die Tatsache, dass hier die Reverbknöpfe voll aufgedreht werden, gibt den fünf Liedern wesentlich mehr Tiefgang. Es gelingt dem Quartett Floskeln zu vermeiden und trotzdem eine bildhafte Sprache zu benutzen, die nie gestelzt klingt, sondern immer aus dem Leben gegriffen. Einer gewissen Poesie entbehrt man trotzdem nicht. Die neunte Veröffentlichung ist bisher ohne Zweifel die beste, denn "Da kann ich ein Lied von singen" und "Haarspalterei 2.0" gelingt es ohne Verzerrer ein beachtliches Klangbild zu formen, welches live bestimmt auch das ein oder andere Cafe zur Kulisse werden lässt, und wieso eigentlich nicht? (23:55)(7) Thomas Eberhardt